Für Unternehmen löst die Nachricht der Mitarbeiterin, dass sie schwanger ist, eine große Verwaltungsflut mit vielen Fragen aus. Große Themen sind hier die Gefährdungsbeurteilung, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sowie das Beschäftigungsverbot.
In folgendem Artikel erklären wir den Unterschied zwischen Beschäftigungsverbot und Arbeitsunfähigkeit und stellen die verschiedenen Arten von Beschäftigungsverboten für schwangere Mitarbeiterinnen vor.
Ein Beschäftigungsverbot nach dem Mutterschutzgesetz ist keine Krankschreibung (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung). Eine Arbeitsunfähigkeit kann durch eine Erkrankung oder einen Unfall ohne Zusammenhang zur Schwangerschaft entstehen oder sich im Laufe der Schwangerschaft entwickeln, zum Beispiel durch vorzeitige Wehen. Eine Arbeitsunfähigkeit (AU) liegt nach der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses vor, wenn die Versicherte aufgrund von Krankheit ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausführen kann (§ 2 Absatz 1 Satz 1 AU-Richtlinie). Entscheidend ist, dass hier Beschwerden vorliegen, welche einen Krankheitswert haben.
Bezüglich des Begriffs „Beschäftigungsverbot“ kommt es häufig zu Missverständnissen. Ein echtes, d.h., vollständiges Tätigkeitsverbot, liegt nur vor, wenn ein Arzt dies attestiert oder wenn aufgrund der Gefährdungsbeurteilung keine Schutzmaßnahmen hilfreich sind, unverantwortbare Gefährdungen weiter vorliegen und ein Arbeitsplatzwechsel nicht möglich ist. In allen anderen Fällen handelt es sich um ein zeitliches oder ein tätigkeitsbezogenes Verbot (sogenannte unzulässige Tätigkeiten).
Mit dem neuen Mutterschutzgesetz (MuSchG 2018) wurden auch die Regelungen für die Beschäftigungsverbote für schwangere Mitarbeiterinnen angepasst und konkreter definiert.
Im Mutterschutzgesetz unterscheidet man vier Arten von Beschäftigungsverboten
arbeitszeitliches Beschäftigungsverbot (§§ 3 bis 6 MuSchG)
ist ein Beschäftigungsverbot, solange keine Gefährdungsbeurteilung vom Arbeitgeber vorliegt bzw. die erforderlichen Schutzmaßnahmen vom Arbeitgeber nicht ergriffen wurden (§ 10 Abs. 3 MuSchG). Die arbeitszeitlichen Beschäftigungsverbote sind gesetzlich festgeschrieben, d.h., es muss niemand aussprechen. Sie gelten mit Bekanntwerden der Schwangerschaft beim Arbeitgeber.
Das betriebliche Beschäftigungsverbot (§ 13 Abs. 1 Nr. 3 MuSchG)
liegt vor bei unverantwortbaren Gefährdungen (unzulässige Tätigkeiten) oder der fehlenden Möglichkeit eines Arbeitsplatzwechsels. Unverantwortbare Gefährdungen sind Gefährdungen bei denen die „Eintrittswahrscheinlichkeit einer Gesundheitsbeeinträchtigung angesichts der zu erwartenden Schwere des möglichen Gesundheitsschadens nicht hinnehmbar ist“. Beispiele sind Grenz- und Auslösewerte sowie Beschaffenheitsanforderungen in Arbeitsschutzvorschriften oder Technische Regeln. Das betriebliche Beschäftigungsverbot für unzulässige Tätigkeiten spricht der Arbeitgeber aus, wenn er unverantwortbare Gefährdungen nicht durch Schutzmaßnahmen ausschließen kann und nachweislich keine Möglichkeit für einen Arbeitsplatzwechsel besteht. Das arbeitsplatzbezogene generelle Beschäftigungsverbot nach § 4 MuSchG zielt nicht auf den Gesundheitszustand der werdenden Mutter ab, sondern auf die Tätigkeit und ihre Auswirkungen auf die Schwangerschaft. Der Arbeitgeber hat nach der Mutterschutzverordnung und weiteren Rechtsvorschriften eine Gefährdungsbeurteilung zu erstellen. Dabei hat er Art, Ausmaß und Dauer einer Gefährdung zu analysieren und entsprechende Schutzmaßnahmen (bis hin zur Umsetzung oder gar Freistellung) abzuleiten. Dies kann auf schriftlichem Weg fachkundigen Personen übertragen werden. In der Regel ist der Betriebsarzt aufgrund seiner Fachkompetenz einbezogen. Die Beschäftigungsverbote sind im MuSchG aufgeführt und in der Mutterschutzverordnung konkretisiert. Kann eine Schwangere nicht mehr an ihrem Arbeitsplatz eingesetzt werden, kann der Arbeitgeber sie nach billigem Ermessen umsetzen.
Das ärztliche (individuelles) Beschäftigungsverbot (§ 16 MuSchG)
kann von jedem Arzt attestiert werden, in der Regel ist dies der behandelnde Arzt der Schwangeren. Das ärztliche Beschäftigungsverbot bezieht sich primär auf die individuelle Konstitution der Schwangeren und nicht auf den Arbeitsplatz oder die Tätigkeit (aus diesem Grund wird es häufig auch als individuelles Beschäftigungsverbot bezeichnet). Das individuelle Beschäftigungsverbot ist in § 3 Absatz 1 MuSchG geregelt. Dort heißt es, „werdende Mütter dürfen nicht beschäftigt werden, soweit nach ärztlichem Zeugnis Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet ist“. Demnach können normale Beschwerden der Schwangerschaft (Erbrechen bei bestimmten Gerüchen), aber auch das Vorliegen einer Risikoschwangerschaft oder die Neigung zu Fehlgeburten ein individuelles Beschäftigungsverbot begründen. Für die Aussprache eines individuellen Beschäftigungsverbots ist somit maßgeblich, ob durch die Fortführung der Beschäftigung die Gesundheit von Mutter oder Kind konkret gefährdet wird, und nicht, ob von dem Arbeitsplatz eine spezielle Gefährdung ausgeht. Ein individuelles Beschäftigungsverbot kann im Ausnahmefall auch durch besonderen psychischen Stress begründet sein.
Beschäftigungsverbot vor der Entbindung (§ 3 Abs. 1 MuSchG) und Beschäftigungsverbot nach der Entbindung (§ 6 MuSchG)
Im Gegensatz zum individuellen wird das generelle Beschäftigungsverbot somit nicht vom betreuenden Arzt, sondern vom Arbeitgeber auf Grundlage „seiner“ Gefährdungsbeurteilung und meist in Zusammenarbeit mit dem Betriebsarzt ausgesprochen.
Prinzipiell ist das Ziel des MuSchG, eine lückenlose Weiterbeschäftigung der schwangeren Mitarbeiterin zu ermöglichen und sicherzustellen. Der Arbeitgeber muss zunächst alle Möglichkeiten ausschöpfen, bevor er zum betrieblichen Beschäftigungsverbot greift (§ 13 Abs. 1 MuSchG).
Weder das ärztliche noch das generelle Beschäftigungsverbot sind ein pauschales Tätigkeitsverbot, welches bedeuten würden, dass die schwangere Mitarbeiterin überhaupt keiner Tätigkeit mehr nachgehen darf. Diese Beschäftigungsverbote – insbesondere das generelle – beinhalten einzelne, abgegrenzte und im Gesetz abschließend aufgezählte Gefährdungen, welchen die Schwangere nicht ausgesetzt werden darf. Dadurch können Schwangeren die zwei Jobs haben, evtl. auch bei einem Beschäftigungsverhältnis normal arbeiten, wenn es dort keine Gefährdungen gibt und sie keine gesundheitlichen Einschränkungen haben.
Das ärztliche Zeugnis muss klar abgefasst sein und sich auf die Rechtsgrundlage beziehen. Art, Umfang und Dauer der Beschäftigungsverbote und -beschränkungen sind zu vermerken. Es besteht die Möglichkeit, ein totales oder ein partielles (nur bestimmte Tätigkeiten oder Zeiten) Beschäftigungsverbot auszusprechen.
Wird ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen, hat die werdende Mutter gegen ihren Arbeitgeber Anspruch auf zeitlich unbegrenzte Zahlung des vollen Arbeitsentgelts (Mutterschutzlohn) nach § 11 Absatz 1 Satz 1 MuSchG. Dieses bekommt der Arbeitgeber auf Antrag über das Umlageverfahren 2 (U2-Verfahren) von der Krankenkasse der werdenden Mutter erstattet. Das Beschäftigungsverbot hat keine Auswirkungen auf den Mutterschutzlohn, weil sich dieser aus dem durchschnittlichen Arbeitsentgelt der letzten drei abgerechneten Kalendermonate vor dem Eintritt der Schwangerschaft berechnet. Im Fall der Arbeitsunfähigkeit hat die Schwangere hingegen Anrecht auf Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber und nach sechs Wochen Anspruch auf Krankengeld.
Die zuständige Aufsichtsbehörde der Länder ist für die Überwachung der Einhaltung des Mutterschutzgesetzes zuständig und kann im Zweifelsfall klären, ob die konkreten Tätigkeiten und die vorhandenen Arbeitsbedingungen die Gesundheit der werdenden Mutter tatsächlich gefährden und ob möglicherweise ein generelles Beschäftigungsverbot beachtet werden muss. Außerdem kann die zuständige Aufsichtsbehörde in Einzelfällen Vorkehrungen und Maßnahmen zum Schutz der werdenden Mutter anordnen oder Beschäftigungen werdender Mütter mit bestimmten Arbeiten untersagen.
Wenn der Arbeitgeber Schutzmaßnahmen ergreifen muss, ist folgende Reigenfolge zu beachten (§ 13 MuSchG):
- Umgestaltung der Arbeitsbedingungen
- Arbeitsplatzwechsel
- betriebliches Beschäftigungsverbot
Nach dieser Reihenfolge ist ein befristetes Beschäftigungsverbot (Stundenreduzierung) einem vollständigen Beschäftigungsverbot vorzuziehen. Der Arbeitgeber hat das Beschäftigungsverbot umzusetzen.
Wenn Sie als Arbeitgeber Probleme mit Beschäftigungsverbot haben, kann Ihnen der zuständige Betriebsarzt und die zuständige Fachkraft für Arbeitssicherheit weiterhelfen.